Neuzeitliche Erziehung und Unterricht - Beginn der Familienspionage
Familien - und Heimaterziehung
In der Weimarer Republik ändert sich der Unterrichtsstil und der Inhalt der Bildung.
Ein wichtiger Erziehungspunkt wird die Familiengeschichte mit Herkunft, Abstammung, Eigenschaften und Vorlieben der Schüler und ihrer Familien, was auch später im Drittenreich noch sehr stark verbreitet sein wird.
Fortan wird ab 1924 bis zum Kriegsende an die Schüler das Büchlein
"Familien- und Heimatbüchlein"
ausgegeben und fleißig ausgefüllt.
Fast in jeder Familie waren und sind diese Büchlein vorhanden,
Sie halfen später auch, den Ariernachweis zu erstellen oder eben den Betroffenen als nicht arisch zu deklarieren.
So wenig wie die arische Abstammung heute noch wichtig ist, so bietet ein solches Büchlein reichhaltige Informationen zum Leben in den 1920er- und 1930er Jahren und so manches Vergessene aus der Familie aus dieser Zeit.
Viele Informationen über Vorfahren, Informationen zum eigenen Hausstand und der Immobilien, sowie über Erfahrungen aus dem Schul- und Ferienleben sind in den Büchlein aufgeschrieben, doch leider bei vielen nicht vollständig ausgefüllt.
Familien- und Heimatbüchlein
1. Auflage 1924
Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Der froh von Ihren Taten, ihrer Größe
den Hörer unterhält und still sich freuend
ans Ende dieser schönen Reihe sich
geschlossen sieht!
Iphigenie Goethe auf Tauris
Geburt und Namen
Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und evtl. besondere Ereignisse wurden vermerkt.
1934 liegt Grombach noch im Bezirk Sinsheim im Land Baden.
Die Staatszugehörigkeit zum deutschen Reich wird ebenfalls aufgeführt.
Das Glaubensbekenntnis ist noch wichtiger Bestandteil, man legt Wert auf das passende Gesangbuch, die Katholiken sind stolz Katholiken zu sein und die Lutherischen ebenso lutherisch zu sein - ein Zwist, seit die Reformation Einzug gehalten hatte ...
Die Namen und ihre Bedeutung wurden erörtert, sicherlich gab es hier Unterstützung vom Pauker ....
Vater, Mutter und Geschwister
Die Familie wurde von den Eltern über die Geschwister bis zu den Großeltern beschrieben.
Statur, Erscheinung, Beruf, Geburtsdatum, die Fragen waren so umfangreich, dass manche Punkte nicht beantwortet wurden oder werden konnten.
Bei den Geschwistern findet sich dann auch meine Oma Erna,
geboren 1915, gestorben 2017.
Großeltern, Oheime und Tanten
Ebenso wie die Geschwister und Eltern wurden auch die Großeltern und Tanten und Onkel beschrieben.
Oheim ist der spezielle Begriff für die Brüder der Mutter, damit ist anders als beim Onkel eindeutig klar, ob es der mütterliche oder väterliche Bruder ist.
Unsere Großmutter erzählte immer von ihrem Oheim, der im Stall von einem schweren Bullen erdrückt wurde, weil er sich zwischen den Bullen und die Stallwand stellte.
Stets kam der Hinweis, dass man sich nicht neben einen Bullen stellen dürfe.
Ihre Schwester Irmgard schreibt:
Adam Fleck, geboren am 23.01.1882,
gestorben an einem Unglücksfall 17.08.1919.
Vettern und Bäschen
Vettern und Bäschen die Cousins und Cosinen.'
Leider wurden die Geburtsdaten nur bei Lothar Kramer (08.10.1920 erwähnt)
​
Anton Gruber
Hermann Danner
Josef Danner
Adam Danner
Josef Kramer
Lothar Kramer, geb. am 08.10.1920
Josef Dick (gefallen)
Heinrich Bohn
Liesel Gruber
Anna Gruber
Paula Bohn (verh. Gottwald)
Rosa Danner
Frieda Danner
Luise Danner
Dora Kramer
Anna Kramer
Emma Kramer (verh. Liersch)
Elise Kramer
Ella Kramer (verh. Merz)
Auswanderer
Auswanderer waren damals allgegenwärtig und nicht ungewöhnlich, doch wollte man den Verwandten in der Ferne gedenken.
Einige Familien haben engen Kontakt zu ihren Verwandten in z.B. Amerika gehalten, bei einigen geriet die Beziehung von Generation zu Generation in Vergessenheit und der Eine oder Andere kehrte auch wieder heim, manche sogar erst im Rentenalter mit dem in Amerika reichlich gesparten Vermögen.
Tante Irmgard nennt folgende Auswanderer aus der Familie:
Elise Kramer, meine Bäschen Elise Kramer wanderte
im Jahre ....... nach Amerika.
Anna Kramer im Jahre ....... nach Amerika
Ella Kramer " "
Luise Danner " "
Frida Danner " "
Geburts- und Wohnhaus
erbaut 1748 von Johann Melchior Fleck
Das Fleck-Haus in der Rathausstraße,
das Elternhaus unserer Großmutter und Elternhaus ihrer Mutter, einer geborenen Fleck,
zuletzt, seit der Reform der Hausnummern, die Hausnummer 2,
davor die Hausnummer 84, aus der Zeit, als die Häuser noch nach Entstehung durchgezählt wurden.
Oft wurde das genaue Baujahr spekuliert, bekannt war, dass an einem Balken an der Scheune 17xx stand und das Wohnhaus im 18. Jhd erbaut wurde,
Irmgard datiert ihr Elternhaus, auf 1748, vor 100 Jahren waren solche Daten noch besser überliefert und die "Alten" wussten über die Generationen, Verwandte und Ereignisse Bescheid.
Aus diesen Aufzeichnungen wird klar, der Erbauer war Johann Melchior Fleck aus Stockheim (1709-1782),
Sohn des Stockheimer Küfers August(in) Fleck (1673-1729), welcher in die alte Grombacher "Laub-Familie",
auch als alte "Schultheiß-Familie" bekannt, einheiratete.
Sicherlich brachte diese Heirat auch beim Hausbau eines neu Zugezogenen einige Vorzüge,
denn sowohl der Großvater, als auch der Urgroßvater seiner Frau Veronica Laub waren Schultheiß in Grombach.
Die Nachfahren seines Bruders werden später als Zimmerleute genannt, vielleicht war auch schon sein Bruder Zimmermann und hat vielleicht den Dachstuhl errichtet - das kann jedoch nur gemutmaßt werden, zumal erst sein Neffe Friedrich Jakob Fleck (1731-1803), geboren in Siegelsbach, ebenfalls nach Grombach heiratete.
272 Jahre stand das Haus am Ende an diesem Platz, bis es im November 2020 samt Scheune abgerissen wurde.
Wohl kaum war es 1934 zu erahnen, dass es noch einmal fast 100 Jahre dort stehen sollte und dass es das gesamte Leben der vier Geschwister überdauern sollte.
Das Fleck-Haus in der Rathausstraße war nachweißlich das erste Haus der Fleck-Sippe in Grombach,
wenn auch nicht zwangsläufig alle Grombacher Flecks aus diesem Haus stammen, so stammen doch vermutlich alle
"alten" Grombacher Flecks vom Vater des Erbauers, dem Küfer August Fleck aus Stockheim ab.
Unsere Großmutter wurde in diesem Haus geboren und verbrachte bis auf einen kurzen Abschnitt im "Badischen Hof" ihr gesamtes Leben in der Rathausstraße 2 und verstarb dort 2017 mit fast 102 Jahren.
Ob der gerade entstehende Neubau auch 272 Jahre stehen wird .....?
XIII. Mein Geburts- und Wohnhaus
1. Ort, Straße und Hausnummer:
Grombach Rathausstraße N.84
2. kurze Beschreibung des Hauses und der Wohnung:
2 Stockwerke, Fachwerkbau übertüncht, hoch
und lang, gebaut im Jahr 1748.
3. Alter Hausrat und Erbstücke, Familienarchiv:
Altertumskomode
Die Fleck´sche Linie inkl. Hauserbauer
Johann Wolfgang Fleck
Schultheis aus Bruchsal, verheiratet in Stockheim
1630-1685
|
August(in) Fleck
Küfer in Stockheim
1673-1729
|
Johann Melchior Fleck
aus Stockheim, verheiratet in Grombch
mit Veronica Laub aus der "alten" Schultheißen-Familie
HAUSERBAUER
1709-1782
|
Johannes Fleck
Bauer in Grombach
1749-1797
|
Bernhard Fleck
Bauer in Grombach
1771-1860
|
Anton Fleck
Bauer in Grombach
1815-1853
|
Johann Joseph Fleck
Landwirt in Grombach
1842-1914
|
Maria Fleck
verheiratet mit Josef Gruber
MUTTER von Maria Hill, Erna Rebel, Irmgard Zimmermann und Gerda Müller
(alle vier geb. Gruber)
1886-1940
Das ehemalige Haus Nr. 84, später Rathausstr. 2, war somit das erste Fleck-Haus in Grombach,
Nach Johann Melchior Fleck kam ein weiterer Bruder nach Grombach, welcher im Kohlhof bei Rappenau
verheiratet war und bereits Zimmermann in Siegelsbach und fortan Zimmermeister in Grombach war
und gründete somit eine weitere Fleck-Line in Grombach.
Die Fleckfamilien, welche nicht über späteren Zuzug nach Grombach kamen, sind somit auf Johann Wolfgang Fleck
aus Bruchsal zurück zu führen
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Schulzeit
Über die Schulzeit lesen wir, dass das Schuljahr für Irmgard an Ostern 1926 begann und sie bei Lehrer Geiger zu Schule ging.
Spätere und weitere Lehrer in Grombach waren:
Herr Geiger
Herr Kraft
Herr Dollenbacher
Herr Fleuchaus
Herr Brieschwitz
Pfarrer Bucher
Pfarrer Gothe
Die Schulzeit in der Volksschule endete am 24. März 1934
nach 8 Jahren.
Danach folgten zwei Jahre Mädchenfortbildungsschule, bevor es im Anschluss in "Stell" ging.
Mitschüler und Erlebnisse aus Ferien- und Schulzeit
All zu viele Erlebnisse gab es wohl am Anfang des 20. Jhd nicht neben der Arbeit zu Hause und so waren Ausflüge nach Schwetzingen, Speyer, Mergentheim und Heidelberg, aber auch Wanderungen zum nahen Schloß Neuhaus, nach Ehrstädt und Rappenau wohl so besonders, dass sie als besonders genug erachtet wurden, um in dieses Büchlein geschrieben zu wurden, Ebenso ein Ferienaufenthalt in Mosbach, über den ich leider vorher nichts Näheres erfahren konnte und heute leider nicht mehr fragen kann, ebenso ein weiterer Ausflug nach Worms.
Legendär und über der Maßen beeindruckend müssen die Grombacher Sommerwendfeiern gewesen sein, jene von 1933 und 1934 schafften es in dieses Büchlein und Zeit ihres Lebens schwärmten die Geschwister von den Sommerwendfeiern.
(Sommersonnwendfeiern waren im Nationalsozialismus ein fester Bestandteil im Kalender,
ob diese Feiern erst 1933 mit der Machtergreifung der NSDAP eingeführt wurden und deshalb neu in Grombach
und interessant waren, ist mir nicht bekannt.)
... nun ja, mit 13, bzw. 14 fing auch damals die Jugend und das Leben an und es wird so einige Schwärmereien gegeben haben.......
Ebenso waren es die letzten unbeschwerten Jahre vor dem nahenden Unheil des 2. Weltkrieges aus welchem einige der Dorfjugend nicht mehr zurück kehrten, oder in den Konzentrationslagern ermordet wurden.
9. Mitschüler von Irmgard:
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Martha Straus - Hauptstr. 73
Lotte Heinzmann, Hauptstr. 95
Anna Denz - Hauptstr. 41
Gertrud Bauer - Hauptstr. 40
Else Schneider - Schulstr. 57
Rosa Breunig - Hauptstr. 40
Margot Strauß - Hauptstr. 71
Erna Fleck - Hauptstr. 17
Hermine Müller - Hauptstr. 76
(alle von den Mädchen selbst geschrieben, einige Buchstaben nicht mehr in Sütterlin )
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Die Jungs wurden von Irmgard später hinzugefügt:
Franz Heinzmann
Hans Appenzeller
Anton Kramer
Hubert Fleck
Ludwig Karl
Anton Rumig
Heinrich Knobloch
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